Freitag, Juli 14, 2023

Wenn Wahlen etwas ändern würden | Von Felix Feistel + Verständlich begündet, warum die AfD keine Alternative ist

Der Verfassungsschutz hat kein Problem mit totalitären und faschistischen Maßnahmen, so lange diese nur von der herrschenden Regierung ausgehen. Damit ist das Argument, man spreche sich gegen die AfD aus, weil man die Wiederkehr des Faschismus verhindern wolle, vollkommen wertlos, “nichts als vorgeschoben”.

 

 

Quelle: apolut

Verständlich begündet, warum die AfD keine Alternative ist

Und diese scheinbare Alternative ist dann eben die AfD. Doch, auch, wenn die „Alternative“ im Namen dieser Partei steckt, so handelt es sich bei dieser doch eben nicht um eine solche (9). Denn nicht nur wird auch die AfD von reichen Großspendern finanziert (10),
sondern sie setzt sich mit ihren Parteiprogramm ganz offen für eine
weitere neoliberale Ausbeutungspolitik ein, die letztlich nur die Armen
ärmer machen, und wenige Reiche noch reicher machen wird. Sie rüttelt
mit ihren Überzeugungen nicht grundsätzlich an einem System, das ganz
und gar falsch konzipiert ist, sondern will es sogar noch verschärfen,
und fügt dem ganzen noch eine Prise Fremdenfeindlichkeit hinzu, in
Teilen auch mit ganz klarer, nationalistischer Ausrichtung, und einer
Rhetorik, die so mancherlei Erinnerungen weckt. Dabei ist die AfD die
Partei eines Industrie-und Finanzkapitals, das sich  bereits die Hände
reibt, angesichts der Aussicht auf eine Wahl der AfD, denn sie wird den
Marktfundamentalismus nur ins Extrem treiben. Sie ist nur die Endstufe
des Finanzkapitals, und wird, einmal in eine Koalition mit einer
Merz-geführten CDU, diesen nur in ein perverses Extrem übersteigern.

Damit macht sie grundsätzlich nichts
anders, als die anderen, herrschenden Parteien. Keine von ihnen lehnt
den Industrie-und Finanzkapitalismus grundlegend ab. Dabei ist es das
System an sich, das die Ungleichheiten, die Gewalt, den Faschismus und
die Zerstörungen an Mensch und Natur überhaupt erst hervorbringt. Das
kapitalistische System, das in anderen Ländern die Menschen enteignet,
verarmt und in Kriege treibt führt dazu, dass hierzulande mehr
Flüchtlinge ankommen, die auf der Suche nach Sicherheit und einer
Möglichkeit zu überleben sind. Das System ist es, das die einen Menschen
in Armut, Abhängigkeit, Schulden und die Genspritze treibt, und auf der
anderen Seite wenigen Menschen reiche Gewinne beschert. Die Ursache
dafür ist in einem System zu suchen, dass gemeinhin als Demokratie
bezeichnet wird.

Sieht man sich die historische
Entwicklung der Demokratie einmal an, dann wird man schnell feststellen,
dass die Demokratie, sowohl der Begriff als auch das Konzept aus dem
antiken Griechenland stammen. Demokratie bedeutet Herrschaft des Volkes.
Was zunächst gut und schön klingt, ist einer näheren Betrachtung wert.
Denn damals gehörten zu eben diesem Volk, das die Herrschaft ausüben
sollte, eben nicht alle Menschen. Bauern, Handwerker, Frauen und Sklaven
waren mit diesem Volk nicht gemeint. Lediglich der reiche, griechische
Adel bestimmte über das Schicksal der Polis, was meistens bedeutete,
dass er darüber abstimmte, gegen wen der nächste Krieg geführt wird.
Diesen Krieg focht der Adel aber dann nicht selbstständig aus, sondern
schickte eben jene Bauern und Handwerker in den Kampf, die bei der
Entscheidung zu diesem Krieg kein Wörtchen mitzureden hatten.

Die parlamentarische oder repräsentative
Demokratie wiederum ist eine modernere Erfindung. Nachdem die
Vereinigten Staaten von Amerika ihre Unabhängigkeit von der
Kolonialmacht Großbritannien errungen haben, musste ein politisches
System her. So erfand man das System der Repräsentanten, die sich im
Parlament trafen, um Entscheidungen im Sinne des Volkes zu fällen. Man
rechtfertigte das mit der Größe des Landes, die dazu führte, dass nicht
jeder durch die Gegend reisen konnte um an Abstimmungen teilzunehmen.
Tatsächlich aber diente das System dazu, die besitzende Klasse gegen die
unteren Schichten abzuschirmen. Es gab damals schon eine ganze Reihe
von reichen Familien und Einzelpersonen, die ihren Reichtum jetzt
verteidigen mussten. So postulierte man das repräsentative System, das
angeblich die Belange aller berücksichtigte, und Demokratie genannt
wurde. Tatsächlich aber war es, wie schon im antiken Griechenland,
wieder nur die Klasse der Vermögenden, die Entscheidungen fällte. Denn
sie waren es, wie schon im antiken Griechenland, die überhaupt über die
Zeit verfügte, in die Hauptstadt zu reisen und sich an politischen
Prozessen zu beteiligen, denn sie mussten nicht arbeiten. Seien es die
antiken Griechen oder die modernen Repräsentanten, beide ließen und
lassen ihre Landgüter von Sklaven und Lohnabhängigen bestellen, ihre
Fabriken werden ebenfalls von diesen am Laufen gehalten.

Demokratie war damit nie etwas anderes,
als die Herrschaft einer reichen Oligarchie, die ihre Interessen
mithilfe von Gesetzen institutionalisierte. Das ist der Kardinalfehler
des Systems, das wir heute Demokratie nennen. Heute ist diese Herrschaft
um einiges verschleierter. Es gibt ein dichtes Netz aus Banken,
Konzernen, Lobbyorganisationen, internationalen Organisationen,
Stiftungen und NGOs, das diese Macht im globalen Maßstab ausübt (10).
Dabei ist das Problem an der Demokratie jedoch nicht, dass es sich
dabei um eine Herrschaft der Oligarchie handelt, die ihren Willen immer
mehr auch mit Gewalt durchsetzt. Das eigentliche Problem ist, dass die
meisten Menschen unter „Demokratie“ heute etwas ganz anderes verstehen,
nämlich eben die Herrschaft des Volkes, in die sie sich eingeschlossen
fühlen, und dann glauben, dass die Regierenden tatsächlich ihre
Interessen verträten. Dabei kam eine US-amerikanische Studie schon vor
mehr als 10 Jahren zu dem Schluss, dass die breite Masse der Menschen
auf die Politik überhaupt keinen Einfluss hat. (11) Demnach
bestimmen in den USA die Finanz- und Konzerneliten die Politik. Das
wundert nicht, sind sie es doch auch, welche die Politiker finanzieren,
sowohl über Wahlkampfspenden als auch über Parteienspenden. Zugleich
durchsetzen diese Oligarchen personell die Parteien und Gremien und
wirken auch über internationale Organisationen auf die nationale Politik
ein. Diese Ergebnisse lassen sich auf Deutschland mühelos übertragen,
ebenso wie auf jedes andere demokratische Land.

Die Folge davon ist, dass die Menschen,
die sich ja als „Volk“ gemeint fühlen, einfach andere Parteien wählen.
Das kann man gerade in den USA in schöner Regelmäßigkeit sehen. Hier
wechseln die Mehrheiten wie ein gleichmäßig schwingendes Pendel von den
Republikanern, die dann die Mehrheit nicht zufrieden stellen können, zu
den Demokraten, die dann ebenfalls enttäuschen, und dann wieder zurück.
So geht das Spiel hin und her, und das seit Jahrzehnten, ohne, dass sich
tatsächlich etwas ändert. Zu beobachten ist das auch in Griechenland.
Hier wurde die konservative Regierung nach dem Ausbruch der Finanzkrise,
die das Land in Armut und Arbeitslosigkeit gestürzt hat, abgewählt.
Stattdessen wurde die linke Syriza Partei gewählt, die einen schnellen
Aufstieg hingelegt und die von der EU, IWF und EZB auferlegte
Spardiktatur abgelehnt hat. Als sie gezwungen wurde, diese dennoch
einzuführen, wandte sich der Unmut auch gegen diese Partei, und sie
verlor an Zuspruch, bis sie schließlich ihre Mehrheit verlor und
abgewählt wurde. Seit Ende Juni dieses Jahres regiert wieder die
konservative Nea Demokratia, angeführt von Kyriakos Mitsotakis, der vor
dem Aufstieg von Syriza für die Umsetzung der von der Troika diktierten,
sogenannten Reformen, zuständig war.  Daneben haben einige
rechtsextreme Parteien an Stimmanteilen gewonnen, und zogen ebenfalls in
das Parlament ein. So werden als Ultima Ratio auch rechtsextreme
Parteien an die Macht befördert, wenn alle anderen etablierten Parteien
versagen.

Dabei werden auch diese rechten und
rechtsextremen Parteien nichts an den Grundsätzen des Systems, seiner
Ausbeutung, der Unterdrückung, oder den totalitären Zuständen ändern.
Man kann sich als Wähler dumm und dämlich wählen, es wird doch nichts
ändern, weil das System strukturell korrumpiert ist, und nur im
Interesse einer Minderheit funktioniert. Der Geroge Orwell zugesprochene
Ausspruch: „Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten“
trifft damit den Nagel auf den Kopf. Man sollte sich damit von der Wahl
der AfD nicht allzu viel versprechen, denn im Großen und Ganzen wird
sie nur fortsetzen, was die anderen Parteien auch bereits machen. Man
könnte es sogar als abgekartetes Spiel sehen, in dem nun systematisch
die AfD an die Macht gehievt werden soll, um dann in einer Koalition aus
Friedrich-Black-Rock-Merz und Alice-Goldman-Sachs-Weidel zum großen
Ausverkauf Deutschlands zu blasen, in dem alles der Finanzindustrie zum
Fraß vorgeworfen wird.

Wenn außerdem einer Partei wie der AfD
die totalitären Instrumente in die Hände gelangen, welche die jetzige
Regierung und die Vorgängerregierung unter Merkel bereits eingeführt
haben, als da wären Infektionsschutzgesetz, Corona-Warnapp,
Gleichschaltung von Justiz, Medien und Behörden wie den
Verfassungsschutz, Überwachung, Digitalisierung, Digitale
Zentralbankenwährung, Verschärfung von Polizeigesetzen in allen Ländern
und viele andere Spielzeuge, dann könnte es nur dazu kommen, dass der
totalitäre Faschismus noch viel offener zutage tritt, als er das jetzt
ohnehin schon tut. Dann wird der Corona-Leugner oder Putinversteher als
Sündenbock lediglich ersetzt durch den Flüchtling, den „Linken“ – was
auch immer das dann genau heißen soll – den „Vaterlandsverräter“ oder
„Wehrkraftzersetzer“ oder was auch immer dem finanzkapitalistischen
Zentralkomitee dann einfällt.

Es wird sich also lediglich etwas an der
konkreten Form ändern, an den Symptomen, an den Begriffen und der
Ausrichtung der systemischen Gewalt. Doch an der Gewalt an sich, an dem
System, das Ungleichheit und Ungerechtigkeit systematisch produziert,
ändert sich nichts. Denn auch die AfD ist nicht grundsätzlich gegen
Militarismus, gegen die Wehrpflicht, gegen eine starke Armee und auch
nicht gegen die NATO. Sie ist nicht grundsätzlich gegen Überwachung,
gegen die eiserne Faust des Staates, oder rigorose Zwangspolitik. Es
kommt eben nur drauf an, wer an den Schalthebeln der Macht sitzt, und
gegen wen sich Zwang und Gewalt richten. Hier könnte man sich auch daran
erinnern, dass die AfD der Corona-Zwangspolitik zu Anfang überhaupt
nicht abgeneigt war, und ihre Einstellung erst geändert hat als sie das
große Protestpotenzial erkannt hat, das sich im Angesichts des
grassierenden Totalitarismus auftat.

Das ganze Politiktheater, das medial
aufgeführt wird, hat den ganz einfachen Zweck, die Menschen von
tatsächlichen Veränderungen abzuhalten. Wer glaubt, mit der Wahl einer
anderen Partei könne er die Politik in seinem Interesse beeinflussen,
der wird nicht das System der repräsentativen Demokratie an sich in
Frage stellen. Zudem werden auch die individuellen Interessen von
anderer Stelle vorgegeben. Der Schutz vor einer Pandemie oder den Kampf
gegen den bösen Putin entdeckten die Menschen auch nicht von sich heraus
als individuelle Werte, die es dann in Politik umzusetzen galt. Sie
stammten von eben diesen Parteien, die dann gewählt wurden. Ebenso ist
es bei der Abneigung gegen Flüchtlinge. Diese ist auch kein Wert, den
die Menschen aus sich heraus entdeckt haben, sondern er wurde ihnen von
der AfD eingeredet, unter Schützenhilfe der anderen Parteien, die
Flüchtlinge in diesem Maß überhaupt erst nach Deutschland gebracht
haben. Ähnlich kann man den Menschen ihre eigene Ausbeutung,
Unterdrückung und Plünderung, die Privatisierung, die Absenkung der
Rente und Anhebung des Renteneintrittsalters und viele andere Maßnahmen
einreden, an denen sich das Finanzkapital bereichert. Bei all dem werden
dann die tatsächlichen Ursachen für alle Probleme systematisch
ausgeblendet. Der Flüchtling ist dann der Böse, der als
Sozialschmarotzer nach Deutschland kommt, anstatt das Opfer westlicher
Ökonomie und Geopolitik, das nur versucht, sein Leben zu retten und das
seiner Familie gleich dazu. Auch die Wahl der AfD und anderer Parteien
derselben Richtung in anderen Ländern wird also nicht die Ursachen für
grundlegende Missstände beheben, die sich immer wieder in der
Gesellschaft zeigen. Es werden wieder nur Symptome bekämpft, was auf
lange Sicht nur dazu führen wird, neue Symptome hervorzubringen.
Letztendlich werden auch diejenigen, die heute begeistert die AfD wählen
sich irgendwann enttäuscht von dieser Partei ab-, und dann vielleicht
wieder der CDU, SPD, den Grünen oder einer anderen Partei zuwenden, wie
sie es zuvor schon getan haben. Die Frage ist nur, ob es dann nicht
bereits zu spät ist, und ein Machtwechsel überhaupt noch möglich ist.

Sinnvoller wäre es also, anstatt im
herrschenden System lediglich die Macht hin und her zu schieben, das
Konzept Macht direkt in Frage zu stellen. Denn wozu benötigt man
jemanden, den man auf einen Thron hievt, nur damit er einem dann sagen
kann, was man zu tun und zu lassen habe? Wozu benötigt man jemanden, der
ideologisch getriebene Entscheidungen vollkommen an der persönlichen
Lebensrealität vorbei fällt, und diese auch noch jedem aufzwingt? Die
Menschen können viel besser selbst über ihre Leben entscheiden, denn
sie, und nicht irgendwelche abgehobenen Parteien, die von der Realität
ohnehin selten etwas gesehen haben, wissen, was sie im Leben brauchen.
Demzufolge braucht es auch keine Macht, die letztlich ohnehin nur
korrumpiert und sich nur selbst bedient, die Menschen spaltet und
gegeneinander aufwiegelt in einem System des beständigen Kampfes und der
beständigen Konkurrenz, damit sie bloß mit sich selbst beschäftigt sind
und auf diese Weise beherrschbar bleiben. Stattdessen benötigt es
Kooperation und Miteinander, die nicht auf Macht und Herrschaft fußen
sondern auf realen Umständen, die sich in der Welt und im Leben zeigen.
Gemeinsam können Menschen viel weiter kommen, als im beständigen Kampf
gegeneinander, wie er übrigens auch von Parteien wie der AfD propagiert
wird.

Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.tagesschau.de/inland/regional/thueringen/landrat-stichwahl-sonneberg-100.html

(2) https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/reaktionen-afd-sonneberg-bund-100.html

(3) https://twitter.com/polenz_r/status/1673059270315655169

(4) https://twitter.com/Jkasek/status/1673010396238577665

(5) https://twitter.com/jutta_ditfurth/status/1673025991323660291

(6) https://www.dw.com/de/merkel-ministerpr%C3%A4sidentenwahl-in-th%C3%BCringen-r%C3%BCckg%C3%A4ngig-machen/a-52273681

(7) https://twitter.com/mamjahid/status/1673036077139910659

(8) https://www.fr.de/meinung/kolumnen/afd-erfolg-thueringen-sonneberg-landrat-zufriedenheit-demokratie-osten-92370509.html

(9) https://apolut.net/rechts-ist-keine-alternative-von-felix-feistel/

(10) https://apolut.net/kontinuitaet-des-schreckens-von-felix-feistel/

(11) https://www.cambridge.org/core/journals/perspectives-on-politics/article/testing-theories-of-american-politics-elites-interest-groups-and-average-citizens/62327F513959D0A304D4893B382B992B

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Wir danken dem Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle:  pogonici/ shutterstock

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