Montag, August 28, 2023
Hinweisgeberschutzgesetz: Hunderttausend neue Meldestellen für Denunziation
In diesen Wochen wurden in Deutschland weitestgehend unbemerkt rund
100.000 Meldestellen gemäß dem neuen Hinweisgeberschutzgesetz =(Denunziationsgesetz "HinSchG" hier weiterlesen), "unter dem Deckmantel: Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz - HinSchG, durch die Parteien von: CDU / CSU, FDP, SPD, DIE GRÜNEN, unter Enthaltung: DIE LINKE)", eingerichtet. Dort können Bürger Vorgänge melden, die nach ihrer Meinung
gegen Gesetze verstoßen. Kritiker befürchten – neben einer Welle von
Denunziationen – auch die Selbstzensur der freien Meinungsäußerung.
Seit Anfang Juli sind Unternehmen der Wirtschaft mit mehr als 49 Beschäftigten nach dem neuen Hinweisgeberschutzgesetz in Deutschland verpflichtet, eine sogenannte Meldestelle zu betreiben. Die betrieblichen Meldestellen sollen so als eine Art Hilfspolizei-Dienststelle fungieren. Bürger können dort Vorgänge melden, die nach ihrer Meinung gegen das Gesetz verstoßen. Darüber berichtete am Sonntag die Nachrichtenplattform Achgut.com.
Den Unternehmen droht bei Nichteinrichtung einer derartigen Meldestelle eine Geldbuße von bis zu 20.000 Euro. Zusätzlich richten die Behörden auf Bundes- und Länderebene weitere Meldestellen ein, bei denen besorgte Bürger anderweitige mutmaßliche Straftaten melden können. Das neue Hinweisgeberschutzgesetz regelt nach Paragraf 1 "Zielsetzung und persönlicher Anwendungsbereich" den Schutz der hinweisgebenden Personen. In Absatz 1 heißt es dort: "Dieses Gesetz regelt den Schutz von natürlichen Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach diesem Gesetz vorgesehenen Meldestellen melden oder offenlegen (hinweisgebende Personen)."
Im Paragraf 2 des Gesetzes werden die infrage kommenden Straftaten aufgelistet, welche Bürger bei den neuen Stellen melden sollten: Unter Punkt 10 wird beispielsweise festgelegt, dass man auch Äußerungen von Staatsbediensteten melden dürfe, die gegen ihre Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen könnten. Sollte ein Beamter also einmal eine in Bezug auf die offizielle Regierungsmeinung abweichende Ansicht vertreten, muss er zukünftig befürchten, denunziert zu werden. Nach dem Paragrafen 6 des Gesetzes "Verhältnis zu sonstigen Verschwiegenheits- und Geheimhaltungspflichten" dürften schließlich sogar Vorgänge gemeldet werden, die einer vertraglichen oder rechtlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen.
Bei den betrieblichen Meldestellen kann jeder Bürger – nicht nur die Mitarbeiter des jeweiligen Betriebs – seine Beobachtungen telefonisch, schriftlich oder persönlich melden. Zusätzlich trat am 11. August auch noch eine Verordnung über die Schaffung einer zentralen Meldestelle für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Dort können sich Personen beraten lassen, die "in Erwägung ziehen, eine Meldung zu erstatten" und sich nicht an die betrieblichen Meldestellen wenden wollten. Die Bundesstelle wird mit 22 Mitarbeitern besetzt jährlich etwa 5 Millionen Euro kosten.
Im Jahr 2019 hatte das EU-Parlament eine Richtlinie zum Schutz von sogenannten Whistleblowern verabschiedet. Die Richtlinie sollte von den Mitgliedsstaaten innerhalb von zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden. Im Gegensatz zu anderen Ländern habe die Ampelregierung ein besonders ambitioniertes Meldegesetz geschaffen, bei dem Unternehmen als "eine Art Hilfspolizei"-Dienststelle instrumentalisiert werden, kommentierte Achgut.com die besonders eifrige Umsetzung dieses Gesetzes zur künftigen Denunziation in Deutschland.
Die Informanten werden insofern besonders geschützt, als Repressalien gegen sie strafrechtlich mit bis zu 50.000 Euro verfolgt würden, während falsche Beschuldigungen straflos bleiben sollen. Zudem erhalten Informanten einen besonderen Kündigungsschutz. Diese neuen Meldestellen würden einem Denunziantentum Tür und Tor öffnen, kommentiert das Nachrichtenportal. Untersuchungen zufolge sei der Unterschied zwischen einer Meldung und einer Denunziation häufig nur gering. Kriminologen hätten diesbezüglich auch schon seit Langem vor dem Missbrauch von Online-Strafanzeigen gewarnt. Wenn man keinem Polizeibeamten mehr gegenüber säße, der jemanden über die Folgen einer möglichen Falschaussage belehre, würden manche Menschen dazu verleitet, strafbare Merkmale zu erfinden.
Wer anderen Menschen vermeintliche Straftaten unterstelle, sich aber damit nicht an die Polizei, sondern neuerdings an die Meldestellen wenden würde, hätte auch häufig auch ganz andere, persönliche Motive: "Manche erhoffen sich persönliche Vorteile, andere wollen sich für etwas rächen, viele suchen schlicht nach Anerkennung. Auch Schadenfreude – ein Wort, das es nur im Deutschen gibt – kann eine Rolle spielen." Mit der drohenden Denunziation würde nicht nur die Meinungsfreiheit bedroht. Die Einrichtung der Meldestellen könnte auch sukzessive die Sozialbeziehungen unter den Menschen vergiften:
"Denn wer bei jeder Tätigkeit und jedem Gespräch daran denken muss, dass einer Meldestelle davon Mitteilung gemacht werden könnte, entwickelt einen Argwohn, wie man ihn sonst nur aus Diktaturen kennt."
Deutschlands historische Erfahrungen würden diese Warnungen bestätigen.
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Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zugrunde, die mit den Stimmen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gegen die Stimmen der AfD bei Stimmenthaltung der Fraktion Die Linke angenommen wurde. Hier weiterlesen https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw19_de_schutz_hinweisgebender_personen-946698
Siehe auch: Ahrtal: Wer Katastrophen verschwinden lassen will, braucht Denunzianten, hier weiterlesen
Meinung zum Denunziationsgesetz
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